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Giraffentraum - ein Projekt der Vorschularbeit

„Ärger, Streit und Eifersucht“, gepaart mit „vielen besonderen Bedürfnissen und fehlenden Worten“… -die Vorschulkinder der Mullewappgruppe im Apfelbäumchenkindergarten hatten zu Beginn des Jahres keine leichte Zeit im Kindergarten.

„Wer bin ich, wo steh ich, was fühl ich, was kann ich, wer hilft mir, wer ist für mich da?“, das waren wohl die häufigsten Fragen, die bei den Kindern aufkamen und die sie deutlich im Miteinander zum Ausdruck brachten. Natürlich gehört dieses Thema immer zum letzten Jahr der Kinder …- „wackeln die Zähne- so wackelt die Seele“ - Aber die Bedürfnisse in dieser besonderen Zeit der Pandemie mit fehlenden Kontakten und vielen unerfüllten Wünschen waren groß und standen stets im Vordergrund.
Giraffentraum, ein Projekt basierend auf der Methode der „gewaltfreien Kommunikation“ von Marshall Rosenberg sollte den Kindern und Erzieher:innen der Gruppe eine große Hilfe sein. Dahinter steckt die Idee, ein „Werkzeug bereitzustellen“, mit dem eine offene, verständnisvolle und wertschätzende Beziehung zu Mitmenschen aufgebaut werden kann. Ziel ist es, Konflikte einfühlsam und klar anzusprechen, sowie gemeinsam konstruktive Lösungen zu entwickeln, die für alle Beteiligten akzeptabel und bereichernd sind. Rosenberg nutzt die Giraffe als Symbol einer lebensbereichernden Sprache. Mit ihrem langen Hals hat sie einen weiten Blick über die verschiedenen Situationen und als Landtier mit dem größten Herzen spricht sie die Giraffensprache, - eine Sprache von Herz zu Herz.
Und plötzlich stand eine Babygiraffe einfach in unserem Kindergarten…-ganz allein und ohne ihre Eltern. Sie hatte keine Sprache, ihr kleines Herz aber war voller Gefühle…
Die Kinder, die selbst gerade gelernt hatten, ihre Gefühle zu zeigen, zu benennen und zum Ausdruck zu bringen interessierten sich für die Babygiraffe, entwickelten Empathie und Mitgefühl und tauchten schnell in die Welt der Giraffen ein.
Giraffen sind friedliche Tiere und haben ein großes Herz. Sie leben in Afrika oder im Zoo, fressen mit ihrer langen, blauen Zunge Akazienblätter von Bäumen und gebären ihre Jungen mit ihren langen Beinen sogar im Stehen. War das Giraffenbaby etwa aus einer Höhe von 1,50 m aus dem Bauch der Mutter auf den Boden gefallen und in eine andere Richtung als ihre Eltern gelaufen? Kam es so in unseren Kindergarten?
Schnell beschlossen die Kinder, dem Giraffenbaby ein Bett zu bauen, Blätter zum Fressen zu sammeln, ihm Wasser hinzustellen und es jeden Tag mitzunehmen, damit es nicht mehr allein war. Im Turnen flogen es mit nach Afrika, sie malten die Familie, brachten dem Giraffenbaby Spielzeuggiraffen als Freunde mit und tauchten fantasievoll immer mehr in die Lebenswelt von Giraffen ein.
Jetzt sind wir Mama und Papa von der Babygiraffe, stimmts? Wir wählen ihr einen Namen…- sie soll Flecki heißen. Wir müssen vorsichtig und leise sein, auf ihre Gefühle achten, uns um sie kümmern…was fühlt Flecki, was braucht Flecki, wie können wir für sie da sein?
Sie entwickelten nach und nach eine eigene Giraffensprache, in der sie aufrichtig beschrieben, was sie sahen, was sie fühlten, in der sie empathisch zu verstehen versuchten, was die Babygiraffe zum Überleben im Kindergarten braucht.
Schnell war klar: Flecki braucht ihre Eltern und so begannen die Kinder mit Flyern, Plakaten, Briefen und Emails an verschiedene Zoos und sogar an die deutsche Botschaft in Südafrika nach ihnen zu suchen.  Und siehe da: echte Antworten aus den Zoos führten dazu, dass Flecki ihre Eltern auf Fotos im Berliner Zoo erkannte. Schnell wurde ihr Transport zu ihren Eltern organisiert:
Sie muss mit einem Papierflieger, einem Auto, einem Zug, einem Flugzeug, einer Straßenbahn, einem Pickup und einem Zootransporter fahren und alle müssen gut auf sie aufpassen.
Der Abschied war traurig, aber noch größer war die Freude als Tierpfleger Stefan ein Paket mit den Utensilien, die Flecki für ihren Transport brauchte zurückschickte, mit vielen Fotos und einem riesigen Dankeschön von Flecki,- an alle Kinder, die sich so toll um sie gekümmert hatten.
Was hat dieses Projekt nun bewirkt?
Ein Umgang miteinander, der respektvoller und empathischer wurde. Eine Erinnerung an Flecki, gepaart mit einer wertschätzenden Giraffensprache, die jederzeit abrufbar ist und in Konflikten oder Streitigkeiten eingesetzt werden kann – und nicht zuletzt - eine Sprache von Herz zu Herz.

<März 2022>

Raupe